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Abfahrts-Hoffnungsträger Dreßen: «Noch ein Außenseiter»

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St. Christina in Gröden – In der Risikosportart Ski alpin legt der deutsche Hoffnungsträger Thomas Dreßen viel Wert auf Kontrolle.

«Es ist ein Unterschied, ob man grenzwertig und nah am Ausscheiden fährt, oder mit einer gewissen Sicherheit. Ich habe bisher bei keinem Rennen – klar, man ist mal zu spät dran – Situationen gehabt, bei denen ich selber dachte, das war am Limit und grenzwertig», sagte der 24 Jahre alte Skirennfahrer der Deutschen Presse-Agentur vor den Weltcup-Rennen in Gröden am Freitag und Samstag. «Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass ich die Kontrolle über das habe, was ich tue. Darüber freue ich mich noch mehr als über den dritten Platz.»

Dreßen fährt erst seine dritte komplette Weltcup-Saison – und hat in jedem Winter einen großen Schritt nach vorne gemacht. «In meinem Alter ist es brutal wichtig, dass ich sicher und konstant unterwegs bin. Über das baut man Selbstvertrauen auf», sagte er. Im ersten Winter war es ein 23. Platz bei der Abfahrt in Lake Louise (und ein 16. Platz in der Alpinen Kombination), im vergangenen Februar wurde er Sechster in der Abfahrt von Kvitfjell. Vor zwei Wochen raste er dann auf der schwierigen WM-Strecke in Beaver Creek zu Platz drei. Besser war ein deutscher Abfahrer im Weltcup zuletzt 2004 gewesen.

Über die Entwicklung wäre sein Vater sehr glücklich, doch der starb 2005 als Skicoach bei einem Seilbahnunglück in Sölden. «Mittlerweile bin ich mir schon sicher, dass er stolz wäre. Da brauche ich mir keine Gedanken mehr zu machen, ob das der Fall ist», sagte Dreßen, der als Kind noch von seinem Vater trainiert wurde.

Das Thema begleitet ihn, seit er elf Jahre alt ist. «Ich fahre aber nicht Ski wegen ihm. Ich fahre Ski für mich selbst. Logisch denke ich da am Nachmittag dran. Aber in erster Linie freue ich mich, wenn mich meine Mama anruft und sich mit mir freut», betonte er. Grund dazu gibt er ihr regelmäßig – und auch den Verantwortlichen im Skiverband.

Gut acht Wochen vor der Olympia-Abfahrt scheint das von Cheftrainer Mathias Berthold schon 2014 formulierte Ziel realistisch wie nie: In Südkorea sollen seine Speedfahrer um Medaillen kämpfen. Auch Andreas Sander und Josef Ferstl, die bereits Top-Fünf-Resultate in ihrer Vita haben, sind auf dem dafür notwendigen Niveau. «Die Vorfreude auf die ersten beiden Speed-Rennen in Europa ist groß», sagte Berthold. Im ersten Gröden-Training raste Sander auf Rang vier, Dreßen wurde sogar Dritter. Bei ihm ist das Potenzial am größten, weil er so jung ist.

Von einem Sonderstatus will der selbstbewusste, aber bescheidene Oberbayer nichts wissen. «Ich finde es falsch, wenn man sagt, ich bin der einzige, der um Medaillen fahren kann. Ich sehe mich selber auch nicht als den Typen, der da groß um Medaillen mitfährt. Für mich selber bin ich immer noch ein Außenseiter», sagte er. «Selbstvertrauen ist okay. Aber man muss nach einem Rennen nicht abheben und denken: Boah, bin ich cool. Da sind schon noch einige Athleten, die dazu viel mehr Grund hätten – es aber auch nicht tun.»

Demut ist dem Sportler vom SC Mittenwald wichtig. Über die gestiegene Aufmerksamkeit freut er sich mit Blick auf Sponsoren. «Da habe ich eine andere Ausgangslage. Aber ob ich in einer oder fünf Zeitungen stehe, macht für mich keinen Unterschied. Ich google mich nicht selber. Wenn man das macht, ist man schon gefährdet, abzuheben.»

Nur beim Springen auf der Piste ist das für ihn okay – und ein Grund für den großen Spaß am Skifahren. Auf die Rennen jetzt freut er sich deswegen besonders: «In Gröden bist du gefühlt die Hälfte der Zeit in der Luft. Kamelbuckel – das finde ich schon cool. Ich bin ein Typ, der viel Bock aufs Springen hat. Das gehört für mich zu einer Abfahrt dazu», sagte Dreßen. Die Kontrolle behält er dennoch.

Fotocredits: John Locher
(dpa)

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