Olympia

Deutsche Schiedsrichterin: Auf sie hören Phelps & Co.

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Rio de Janeiro – Auf ihre Kommandos hört auch Michael Phelps. Andrea Thielenhaus ist Schiedsrichterin bei den Männer-Wettbewerben im olympischen Beckenschwimmen.

Die gebürtige Kölnerin schickt entweder die Schwimmer auf die Startblöcke und achtet im Olympic Aquatics Centre auf die Einhaltung aller Regeln. Oder sie beaufsichtigt den Call Room, in dem sich die Finalisten auf ihren Start vorbereiten. Und da verhalten sich Frauen und Männer völlig anders. «Bei den Männern ist es das große Schweigen. Muskelklopfen, grimmiges Starren. Bei den Frauen ist es das große Plaudern: Woher hast du diesen Nagellack und so weiter», sagt Thielenhaus der Deutschen Presse-Agentur.

Psychospielchen, wie sich auf den letzten Drücker scheinbar gelassen sich auf den Stuhl zu setzen, sind in Zeiten der allgegenwärtigen TV-Kameras nicht mehr in Mode. Superstars wie Phelps oder Ryan Lochte haben das nicht nötig: «Die sind sehr freundlich, sehr höflich.»

Kniffliger ist die Arbeit direkt am Becken, wenn über Wenden, Fehlstarts oder den Schwimmstil geurteilt werden muss. Der Videobeweis im Schwimmsport sollte nach Ansicht von Thielenhaus eingeführt werden, um besser über Disqualifikationen zu entscheiden.

«Das System existiert. Die Amerikaner nutzen es. Aber es gibt da von ganz oben eine Hürde», sagte sie und meinte den Weltverband FINA. «Alle Techniker, Schwimmer, Trainer wollen diesen Videobeweis, weil er Diskussionen ausschließen würde.»

Durch die Lichtreflexionen der TV-Scheinwerfer und einen ungünstigen Blickwinkel vom Beckenrand sehen Zuschauer am heimischen Bildschirm oft mehr als die Kampfrichter. «Wir arbeiten wirklich unter erschwerten Bedingungen», sagte Thielenhaus.

Ihre Kollegen müssen aber nun mal über Disqualifikationen bei Regelwidrigkeiten entscheiden. In Rio traf es den Elmshorner Lagenschwimmer Jacob Heidtmann. Wegen wegen eines unerlaubten Delfinbeinschlags bei einer Wende wurde er aus der Wertung genommen.

Thielenhaus begann 1998 ihre Schiedsrichter-Karriere und ist nach 2012 das zweite Mal bei Olympia dabei. Mit den Kampfrichtern ist es oft schwieriger als mit den Schwimmern. Unter anderem wegen sprachlicher Hürden. «Ein Drittel spricht kein Englisch, ein Drittel traut sich nicht, ein Drittel scheut sich, die Regeln durchzusetzen», sagt die in Luxemburg lebende Steuerexpertin. Olympia ist für Kampfrichter aus vielen Ländern ein Highlight, das man sich durch unliebsame Entscheidungen nur ungern verbauen will.

Thielenhaus, die für Olympia Urlaub nehmen muss und wie die anderen Kampfrichter eine Aufwandsentschädigung von der FINA erhält, würde sich trotz ihrer fröhlichen Art nicht scheuen, auch großen Namen zu disqualifizieren. So hätte sie bei der WM 2015 in Kasan Weltmeister Ryan Lochte aus der Wertung genommen, wenn ihr die regelwidrige Wende des Amerikaners von einem Kampfrichter gemeldet worden wäre.

Fotocredits: Michael Kappeler
(dpa)

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