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Entzauberter Kittel geknickt – Jetzt Deutschland-Tour

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L’Alpe d’Huez – Das freundliche Abklatschen mit Tour-Chef Christian Prudhomme im Rennleiter-Wagen am Start in Albertville war schon der Abschiedsgruß.

Vier bittere Stunden und vier brutale Alpen-Anstiege später bekam Marcel Kittel am Mittwoch bei der Tour de France die Rote Karte wegen Zeitüberschreitung. Als Letzter war er angekommen. 31:27 Minuten nachdem Geraint Thomas vom Sky-Express als erster durchs Ziel auf der Skistation La Rosière gerauscht war, sagte der Renn-Sprecher über die Lautsprecher: «Die 11. Etappe ist beendet, liebe Zuschauer». Jetzt soll die wieder belebte Deutschland-Tour vom 23. bis 26. August Kittels neue große Herausforderung werden.

Der Thüringer und sein Sprinter-Kollege Mark Cavendish sowie Mark Renshaw und Rick Zabel mussten am Donnerstag Überstunden machen. Zuschauer und Fotografen harrten im Zielbereich aus, obwohl die Siegerehrungen längst vorbei waren. Die vier Fahrer machten es allerdings nicht sehr spannend im Kampf gegen die Uhr. Nur Zabel lag fünf Sekunden über dem Limit und die Jury drückte in seinem Fall die Augen zu, weil der Teamwagen bei einem Schaden nicht rechtzeitig helfen konnte. «Keine Gnade mit den Stars», titelte das Tour-Hausblatt «L’Équipe».

Kittel hatte die Referenzzeit um satte 11:25 Minuten überschritten und musste die Koffer packen. «Selbst mit zehn Prozent Extraform hätte ich keine Ahnung gehabt, wie ich so eine Etappe hätte überleben können. Wir sind heute 100 Kilometer mit 3800 Höhenmeter gefahren. Das war extrem», sagte der Topsprinter später geknickt im Teamhotel. Andere Sprinter wie André Greipel, Fernando Gaviria und Dylan Groenewegen schafften es innerhalb der Karenzzeit ins Ziel.

Die 11. Etappe war für Kittel der Schlusspunkt hinter einer missglückten Tour mit einem mageren dritten Platz als Bilanz nach der ersten Sprinter-Woche. Vor allem die hatte für Zoff im Team Katusha-Alpecin gesorgt. Das Verhältnis scheint so zerrüttet, dass ein Weitermachen schwer vorstellbar ist, auch wenn Kittel noch ein Jahr einen hoch dotierten Millionen-Betrag besitzt.

Der deutsche Kapitän, der am Donnerstagmorgen von Genf aus nach Hause flog und dort «die Beine erstmal hochlegen will», verließ zum dritten Mal nach 2012 und 2017 die Tour vorzeitig. Zum ersten Mal musste er wegen Zeitüberschreitung gehen. Im Vorjahr hatte sich Kittel, mit insgesamt 14 Tageserfolgen bester deutscher Radprofi der Tour-Historie, noch in anderer Verfassung – und in einem anderen Team – präsentiert.

Fünf Etappensiege 2017 hatten aus Kittel, der 2013 und 2014 das Gelbe Trikot eroberte, in Frankreich «Le Kaiser» gemacht. Am Donnerstag mäkelte die «L’Équipe» über den smarten Arnstädter: «Ein Schatten seiner selbst». Auf der ersten Alpenetappe hatte er in Le-Grand-Bornand das Aus noch verhindern können und witzelte hinterher via Twitter fast mit Stolz: «Wenn du einer der fetten Fahrer bist, und liegst noch 28 Sekunden unter dem Limit im Ziel der ersten schweren Bergetappe…» Aber das konnte ihm auf dem Weg in die Skistation La Rosière keinen Mut machen.

Ex-Weltmeister Cavendish, mit 30 Tour-Etappensiegen der in der Beziehung erfolgreichste noch aktive Profi, sprach schon vom Comeback: «Ich habe es versucht und bin ins Ziel gekommen. Leider war ich mit Abstand nicht schnell genug. Jetzt heißt es, das nächste Jahr stärker zurückzukommen. Ich steige nie ab.»

Fotocredits: David Stockman
(dpa)

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