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Klose über seine Karriere: Ich würde es «wieder schaffen»

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München – Anfang September ist Miroslav Kloses Biografie «Miro» erschienen. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht der frühere Weltklasse-Stürmer über die Entstehung des Projekts, seine Ziele als Trainer und warum es keinen zweiten Klose gibt.

Wie ist es überhaupt zu dem Buch gekommen?

Miroslav Klose: Ich wurde in der Vergangenheit von vielen Menschen nach meiner Geschichte gefragt, wie ich eigentlich Profi geworden bin. Viele hielten meine Laufbahn für eine sehr spannende, nicht alltägliche Geschichte, an der man sich auch heute noch motivieren kann. So ist die Idee entstanden. Mein Berater Alex Schütt und ich trafen uns dann mit einigen Autoren, um das richtige Gefühl zu entwickeln. Bei Ronald Reng war ich mir sofort sicher, dass er die Lebensgeschichte so erzählen kann, wie sie wirklich passiert ist.

Sie haben als Zimmermann gearbeitet, in der Bezirksliga gespielt, und erst mit 22 die ersten Bundesliga-Spiele gemacht. Wieso war diese Laufbahn möglich?

Klose: Es gab damals ja noch nicht diese ganzen Nachwuchsleistungszentren. Außerdem musste ich noch einen Beruf erlernen, weil meine Eltern gesagt hatten, dass ich vorher nicht auf die Profifußball-Karte setzen darf. Irgendwann spielte ich dann in den zweiten Mannschaften von Homburg und Kaiserslautern und habe gemerkt, dass der Schritt nicht mehr so groß ist. Ich habe mich schon früh wie ein Profi ernährt und verhalten, aber da hat es mich dann richtig gepackt. Und ich hatte, Gott sei Dank, Trainer, die auf meinen Spielstil standen.

Glauben Sie, dass eine solche Karriere heutzutage auch noch möglich wäre?

Klose: Ich kann es mir nicht vorstellen. Mittlerweile sind so viele Scouts unterwegs. Ich glaube nicht, dass hochtalentierte Spieler noch durchs Raster fallen. Aber es ist natürlich nach wie vor möglich, dass sich viele erst spät entwickeln, mit 16 oder 17.

Wenn man sich das Buch durchliest, entsteht schnell der Eindruck, dass Sie immer ein Lernender geblieben sind.

Klose: Ja, das ist eine Charaktereigenschaft von mir, dass ich immer dazu lernen möchte, und dass ich mir Dinge selbst beibringen konnte. Das war früher schon beim Klavierspielen meiner Schwester so. Ich stand daneben, habe ihr auf die Finger geschaut, und danach konnte ich schon ein bisschen selbst spielen. So war das auch beim Tennisspielen oder beim Golf. Mich hat das immer fasziniert, Dinge von anderen abzuschauen. Nur an der Torschusstechnik von Olaf Marschall bin ich verzweifelt, so sehr ich auch geübt habe (lacht).

Das mit dem ständigen Lernen passt ja auch zu Ihrer Trainerlaufbahn.

Klose: Stimmt. Es wäre zwar ohnehin nicht gegangen, direkt den Fußball-Lehrer-Schein zu machen. Aber in meinem Fall hätte man es natürlich schneller machen können. Aber man muss diesen Job erlernen. Ich wusste nach meiner Fußballkarriere recht schnell, dass ich meine Trainerscheine machen will. Jetzt fehlt mir nur noch der große Schein, also die Fußball-Lehrer-Lizenz, die ich wahrscheinlich nächstes Jahr angehen möchte.

Aber bringen Sie durch Ihre Karriere nicht schon ideale Voraussetzungen für den Trainerjob mit?

Klose: Ja, aber die Kunst ist das ganze Paket. Dank meiner Karriere und dank des Niveaus, auf dem ich gespielt habe, weiß ich, wie sich Spieler in Drucksituationen fühlen, und wie man damit umgehen kann. Ich kann die Spieler sozusagen verstehen. Um ein guter Trainer zu sein, muss man aber viel mehr können, deine Erfahrungen allein qualifizieren dich nicht dafür.

Sie waren ein sehr spezieller Stürmertyp: kopfballstark, antrittsschnell, torgefährlich. Waren Sie einzigartig?

Klose: Einzigartig halte ich für übertrieben. Ich würde sagen, dass Schnelligkeit und Kopfballspiel meine Stärken waren. Alles andere habe ich erlernt. Als ich 2004 von Kaiserslautern nach Bremen gewechselt bin, musste ich das Spielerische neu lernen, diesen offensiven Pressing-Fußball von Thomas Schaaf. Das hat mich so fasziniert und geprägt, dass ich dort mehr oder weniger zum kompletten Stürmer gereift bin, weil ich diesen Fußball aus Kaiserslautern nicht kannte. Jede meiner Stationen war speziell, aber Bremen war extrem. Das waren drei Jahre, wo ich viel gelernt habe.

Wie viel bei Ihnen war Talent, und wie viel war Wille?

Klose: Fünfzig-Fünfzig, würde ich sagen. Schnelligkeit und Sprungkraft habe ich von meinen Eltern vererbt bekommen. Das andere war die Einstellung, die Bereitschaft. Ich habe dem Fußball früh alles untergeordnet, bin nicht in die Disco gegangen, sondern habe jedem gesagt: Ich will Fußballprofi werden. Einige haben mich dafür belächelt. Wenn ich jetzt noch mal 17 wäre, dann gehe ich davon aus, dass ich es wieder schaffen würde. Weil ich diese Einstellung habe, diesen unbändigen Willen, das ist irgendwie in mir drin.

Fehlt das vielen Spielern heutzutage? Oder warum gibt es in Deutschland keinen zweiten Klose?

Klose: Ich bin ja jetzt Jugendtrainer. Darum poche ich darauf, dass die Jungs komplett ausgebildet werden. Weil ich ja weiß, dass wir die Früchte davon fünf, sechs oder sieben Jahre später ernten können. Ich will aber jetzt auch nicht alles schwarzmalen. Es ist ja in Deutschland nicht so, dass gar keine Talente nachkommen. Wenn ich mir Spiele der Nationalmannschaft anschaue, macht es einfach Spaß, Spieler wie Joshua Kimmich oder Serge Gnabry zu sehen. Damit wir auch künftig solche Leute haben, brauchen wir gute Jugendtrainer.

Was müssen diese Jugendtrainer mitbringen?

Klose: Sie dürfen nicht ergebnisorientiert denken, sondern einzig und allein im Sinne der Spieler: Wie stärke ich seine Stärken und arbeite an seinen Schwächen? Ich habe das Gefühl, dass viele Jugendtrainer selbst nach oben in den Profifußball streben, weil sie wissen, dass sie dort mehr Geld verdienen können. Wie gesagt: Das ist nur ein Gefühl. Aber wer im Jugendbereich Titel holt, empfiehlt sich natürlich auch für Höheres, zumindest denken das viele.

Entdecken Sie denn bei den jungen Spielern einen ähnlichen Willen wie bei Ihnen früher?

Klose: Viele sehen sich schon viel weiter, als sie es eigentlich sind. Das liegt auch daran, dass sie von bestimmten Personen in ihrem Umfeld, sprich Berater oder Eltern, bequatscht werden. Es war schon immer meine Art, den Jungs ehrlich zu sagen, wo sie stehen. Einige sehen nur die Stärken, die sie haben, und das war’s. Ich möchte meinen Spielern mit meiner Arbeit ganz viele Werkzeuge an die Hand geben, so dass sie sich in jeder Situation selbst helfen können.

Möchten Sie denn auch mal in der Bundesliga oder grundsätzlich eine Profimannschaft trainieren?

Klose: Wenn ich den Fußball-Lehrer mache, muss das in gewisser Weise mein Ziel sein. Aber ich bin noch total zufrieden und glücklich mit meiner Jugendmannschaft. Dass der FC Bayern mir das ermöglicht hat, finde ich super. Da kann ich sehr viel mitnehmen.

Gibt es heutzutage irgendeinen Stürmer, in dem sie sich am ehesten wiedererkennen können?

Klose: Früher hatte ich mal den Niclas Füllkrug genannt. Den finde ich echt interessant und recht komplett. Der ist schnell und hat einen Instinkt, den man als Stürmer braucht. Ein anderer, der so ein bisschen ist wie ich, aber zehnmal besser, ist Robert Lewandowski. Der ist komplett, beidfüßig, kopfballstark und kann schießen. Am liebsten zusammengespielt habe ich immer mit Thomas Müller, weil wir uns super ergänzt haben. Wir mussten uns nur anschauen und wussten, was wir machen. Das war schon eine geniale Kombination.

ZUR PERSON: Miroslav Klose (41) war einer der besten deutschen Stürmer. Mit 16 erzielten Treffern ist er Rekordtorschütze bei Fußball-Weltmeisterschaften. 2014 gewann er mit der deutschen Nationalmannschaft den WM-Titel in Brasilien. Mittlerweile arbeitet Klose als Trainer der U17-Junioren des FC Bayern München.

Fotocredits: Matthias Balk
(dpa)

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