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Nach Touristen-Tag: Löw-Experimente auch gegen Franzosen

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Köln – Nach der Rückkehr aus London beendete Joachim Löw sofort jedes Touristen-Feeling bei seiner England-Reisegruppe. Gegen Top-Gegner Frankreich fordert der Bundestrainer von seinem Personal noch einmal die ganze Konzentration beim Vorlauf für das anspruchsvolle Ziel WM-Titelverteidigung.

«Frankreich spielt in der Offensive schon mit sehr schnellen Leuten. Da müssen wir drauf aufpassen. Personell wird es einige Wechsel geben», kündigte Löw die Fortsetzung seiner Experimentierphase Richtung Russland 2018 an.

Die jungen und körperlich enorm starken Franzosen um Bayern-Profi Kingsley Coman oder PSG-Jungstar Kylian Mbappé sind für Löw nach dem unspektakulären 0:0 in England im nächsten Klassiker der Fußball-Nationalmannschaft am Dienstag in Köln ein willkommener WM-Gradmesser. «Es ist für mich wichtig zu sehen, auf welchem Level sich die Spieler befinden und wie sie gegen solche Gegner bestehen», sagte Löw vor der Partie gegen einen weiteren Mitfavoriten um die WM-Krone.

Das Aufeinandertreffen zum Jahresabschluss mit der Équipe Tricolore ist auch das erste Wiedersehen seit dem bitteren 0:2 im EM-Halbfinale 2016 in Marseille. 20 Spiele in Serie hat die DFB-Elf seither nicht mehr verloren. Nun winkt eine weitere Bestmarke unter Löw: Ein ganzes Kalenderjahr ohne Niederlage blieb Deutschland unter dem Rekordtrainer noch nie.

Mit einem Sieg könnte zudem eine Negativserie beendet werden. Seit 30 Jahren hat die DFB-Elf kein Heimspiel mehr gegen Frankreich gewonnen. Aus dem aktuellen Kader war nur Sami Khedira beim 2:1 durch einen Tore-Doppelpack von Rudi Völler im Sommer 1987 in Berlin schon geboren. Juve-Star Khedira dürfte wie Toni Kroos von Real Madrid in Köln wieder ins Team rücken. Das Duo wurde von Löw in London geschont, «um die Belastung zu verteilen».

«Letztlich sind das Spiele, in denen wir uns selbst testen müssen. Frankreich hat auch eine enorme Qualität. Es geht nicht nur um Systeme, sondern auch um Spieler. Auch dieses Spiel wird uns wieder aufweisen, woran wir arbeiten müssen», betonte Ilkay Gündogan nach seinem viel versprechenden Länderspiel-Comeback in London.

Die Aufarbeitung des nüchternen und torlosen Unentschiedens im Prestigeduell im Wembleystadion hatte Löw mit dem Abflug vom Queens Terminal in Heathrow erledigt. «Es lässt mich jetzt emotional nicht hochspringen. Es gab schon Klassiker England gegen Deutschland mit einer ganz anderen Emotion, wenn es um viel ging, mit strittigen Entscheidungen, knappen Ergebnissen», erklärte der DFB-Chefcoach.

Die ernste WM-Vorbereitungsphase startet für den ausgewiesenen Turniertrainer Löw sowieso erst wenige Wochen vor dem Anpfiff in Russland. «Wir haben eine gute Basis, aber sind zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht so eingespielt. Der Feinschliff wird eh gemacht, wenn wir ins Trainingslager gehen», sagte der Bundestrainer.

Bevor am Sonntag im Kölner Südstadion wieder Training anstand, hatte Löw seinen Spielern einen freien Tag in London gegönnt. Erst düsten Hummels und Co. in blauen Speedbooten über die Themse. Dann konnten die Weltmeister aus Gondeln in luftiger Höhe in der Abenddämmerung einen Blick auf London werfen.

Mit Ex-Kollege Per Mertesacker als Reiseleiter ging es vom Teamhotel zu Fuß zur U-Bahn. Am Westminster-Pier startete die rasante Fluss-Tour. Anschließend stand noch eine Fahrt im Riesenrad London Eye auf dem Programm. Auch für einen vielgereisten Profi wie Mats Hummels etwas Besonderes: «Ich war schon hundert Mal hier und habe noch nichts gesehen.»

Im trüben London hatten Mesut Özil und seine Kollegen am Samstag erst einmal ausschlafen dürfen, bevor die Stadterkundung für rund ein Dutzend Spieler des Kaders und einige Betreuer begann. Marcel Halstenberg war wie Löw bei der Touri-Tour nicht dabei. Der Leipziger durfte sich aber für ein durchaus gelungenes Debüt im Adler-Trikot feiern lassen. «Für den Einstand war es gar nicht schlecht.»

Löw befand: «Er hat das ohne Nervosität gemacht, hat sauber hinten rausgespielt. Deswegen war ich absolut zufrieden.» Halstenbergs Position ist vor allem durch den Ausfall des Kölners Jonas Hector die größte Baustelle. Gegen die Franzosen dürfte wohl der Berliner Marvin Plattenhardt dort wieder die Chance zum Vorspielen bekommen.

Den ausgemachten Optimierungsbedarf auch in anderen Bereichen stufte Löw als wenig dramatisch ein. Sieben Monate vor dem WM-Start sieht der DFB-Chefcoach den Weltmeister noch in der Probierphase. «Wir hätten besser agieren können im Umschaltspiel nach vorne. Das ist wichtig, dass wir das einschleifen Richtung WM», sagte Löw. Bestmöglich natürlich schon am Dienstag gegen Frankreich.

Die voraussichtliche deutsche Aufstellung:

Trapp – Ginter, Hummels, Süle, Plattenhardt – Khedira, Kroos – Sané, Stindl, Götze – Wagner

Fotocredits: Christian Charisius
(dpa)

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