Ratgeber

Poker und Medien – Zwischen Halbwissen und Populismus

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Pokern boomt! Dass dieses Strategiespiel in den letzten Jahren einen unglaublichen Aufschwung erfuhr, merkt man nicht zuletzt daran, dass auch die sogenannten seriösen Zeitungen Artikel schalten, die sich mehr oder weniger kenntnisreich mit dem Thema beschäftigen. Neben einigen guten gibt es allerdings auch immer wieder Beiträge, denen man vorne und hinten anmerkt, wie wenig sich der Autor mit dem Thema beschäftigte und denkt, das Wissen von ein paar Schlagwörtern reicht aus, um einen Artikel über Pokern zu schreiben. So geschehen z.B. in der Online Ausgabe des SPIEGELS, der in der Vergangenheit eigentlich dafür bekannt war, ordentlichen Journalismus zu verkörpern, hier jedoch, wie leider zuletzt häufig, eher das Niveau einer bildreichen Boulevardzeitung erreicht.

Dort ist dann zu lesen, dass (Zitat) „ein Top-Spieler namens „Snowman“ in einem Jahr 418.955 Dollar eingespielt hat. Profispieler erwirtschaften bis zu tausend Dollar am Tag, indem sie an mehreren Tischen gleichzeitig operieren. Sie nutzen dabei spezielle Software, die das Spielverhalten der Gegner analysiert und deren Spielzüge vorhersagt. Die Einsätze starten bei zehn Cent.“

Die Gewinnrate kommt in erster Linie durch die Limits und Stakes und nicht durch die Anzahl der Tsiche. Dies mag noch ein kleiner Faupax sein, die Bahauptung allerdings, sie würden Programme nutzen, die die Spielzüge vorhersagen, zeugt von schierer Unkenntnis. Die sogenannten Analyseprogramme, auf die der Autor hier abzielt, analysieren wirklich die Spiele und nehmen alle offenen Informationen auf, die die Gegner oder man selber preisgeben. Sie sind aber keinesfalls in der Lage, irgendetwas vorherzusagen und können einem nur ein paar Informationen geben, die man selber nutzen kann, um die Gegner besser einschätzen zu können oder das eigene Spiel zu verbessern.

„“Bei Texas Hold’em können Anfänger Profis schlagen“, sagt Weidemann. Rechtlich ist diese Auffassung umstritten. Erst im Oktober 2006 verabschiedete der US-Kongress ein Gesetz, das Geldtransfers zu Online-Glücksspielseiten verbietet.“

Auch im DFB Pokal können Amateure Profis schlagen. Und da Pokern ein Spiel ist, wo man versucht, langfristig Profit aus den Karten zu holen, ist es nicht verwunderlich, dass kurzfristig jeder jeden schlagen kann. Jemand, der sich mit dem Thema beschäftigt hätte, würde diesen Satz nicht so zusammenhangslos verwenden. Was die Geldtransfers angelangt, gibt es durchaus Bestrebungen, dies wieder rückgängig zu machen.

„So entscheidet die Sitzposition am Tisch über den Wetteinsatz.“

Meint der Autor etwa dies

„Mit Assen und Königen in der Hand, so lautet eine andere Regel, tritt der sogenannte Anna-Kournikova-Effekt ein: „Sieht gut aus, gewinnt selten“ Die Wahrscheinlichkeit für einen Royal Flush liegt bei 0,003 Prozent.“

Dass im Pokern viele Hände Spitznamen haben, scheint dem Autor nicht so geläufig zu sein und er meint wohl auch, dass bei T2 der Doyle Brunson Effekt eintritt. „Sieht schlecht aus, gewinnt aber zwei World Series“. Das Einstreuen einer der niedrigsten Prozentzahlen, die es beim Pokern gibt, soll wohl der Versuch sein, zu suggerieren, dass man beim Pokern vor allem Glück braucht. Das Problem ist nur, dass die Hände, mit denen man am meisten Geld verdient, viel wahrscheinlicher sind und viele profitable Spieler noch überhaupt keinen Royal Flush hatten.

„Künstliche Poker-Bots, die sich am Chat nie beteiligen, mögen einem noch auffallen. Ob jedoch zwei Leute heimlich zusammenspielen und dadurch besseren Einblick in die Karten bekommen, lässt sich kaum sagen. Auch „Poker Farmer“ aus Indien und China – dort kann man Spieler mieten, die im Auftrag anderer Leute zocken, beispielsweise auch nächtelang Punkte in „World of Warcraft“ sammeln – sollen sich bereits an die Online-Pokertische setzen und für die Kasinos mitmischen.“

Wie erfolgreich Pokerbots bis jetzt arbeiten, ist hinlänglich bekannt. Das Problem der „Kollusion“ besteht wirklich, es wird aber seitens der großen Pokerräume gegen vorgegangen und ist auf lange Sicht auch sehr durchsichtig. Ob in China jemand für einen Spieler in Deutshcland spielt, interessiert keinen, der sich an den Tisch setzt. Der einzige Unterschied, der sich daraus ergibt, dass der chinesische Deutsche ein offensichtlich besserer Spieler ist als der ursprüngliche deutsche Spieler.

Alles in allem macht der ganze Artikel den Eindruck, als würde einzig und alleine dazu dienen, ein wenig Polemik gegen das Pokern zu machen und dem „Journalisten die Möglichkeit zu eröffnen, mit ein paar Phrasen um sich zu schleudern.