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Keine Ethikstrafe für FIFA-Chef Infantino

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Zürich (dpa) – Nach nur 161 Tagen im Amt ist FIFA-Präsident Gianni Infantino vom Vorwurf mehrerer möglicher Ethikvergehen freigesprochen worden.

Aus Russland bezahlte Privatjet-Flüge und die verweigerte Unterschrift unter seinen millionenschweren Gehaltsbescheid hinterlassen dennoch einen faden Beigeschmack in der noch kurzen Ägide des selbsterklärten großen FIFA-Reformers. Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes beendete am Freitag geheim gehaltene Ermittlungen und entschied, keine Sanktionen zu beantragen.

Der FIFA-Boss habe nicht gegen Verhaltensregeln, sondern höchstens gegen Compliance-Regeln verstoßen, teilte das Gremium mit. Infantino reagierte laut einer FIFA-Mitteilung erleichtert auf die Entscheidung. «Der Präsident dankt allen, die mit der Ethikkommission zusammengearbeitet haben, damit die Fakten auf den Tisch gekommen sind und sich die Wahrheit durchgesetzt hat», hieß es auf der Homepage des Weltverbandes.

Die Ethikkommission kam nach mehrwöchigen Untersuchungen gegen den 46-Jährigen, für die auch externe Rechtsberater konsultiert wurden, zu dem komplett entlastenden Urteil. Erstmals nach der Verschärfung der Regeln zur Veröffentlichung von Ermittlungen machte das Gremium von der Möglichkeit Gebrauch, sein Wirken nicht sofort zu publizieren. Von einer Lex Infantino könne aber keine Rede sein: Damit habe eine unbeeinflusste Ermittlung sichergestellt werden sollen, hieß es.

Gegen Infantino, der die von vielen Skandalen erschütterte FIFA seit Februar 2016 leitet, gab es Verdachtsmomente wegen möglicher Vergehen gegen gleich vier Paragrafen des Ethikcodes – darunter der Loyalitäts-Passus und das Verbot von Annahmen von Geschenken.

Untersucht wurde die Kostenübernahme für Flüge Infantinos nach Russland und Katar. Hier nutzte der FIFA-Chef Privatjets, die von Russlands Sportminister Witali Mutko und vom Energieriesen und FIFA-Sponsor Gazprom bezahlt wurden. Entlastend wurde gewertet, dass nur so der enge Zeitplan mit wichtigen Gesprächen gesichert werden konnte. Der ebenso untersuchte Flug zu einem Besuch beim Papst ging auf Kosten eines russischen Geschäftsmannes, der jedoch laut der Ethikprüfer keine Verbindung in die Fußballwelt habe.

Verdachtsmomente für unlauteres Verhalten gab es bei Personalfragen für die Jobbesetzung im Präsidentenbüro sowie bezüglich der Weigerung Infantinos, seine Gehaltsvereinbarung mit der FIFA zu unterschreiben. Infantino soll sein Salär von umgerechnet rund zwei Millionen Franken in einer FIFA-Sitzung angeblich als «beschämend» bezeichnet haben. Ob tatsächlich Compliance-Regeln verletzt wurden, müsste nun der neue Chef der Audit-Abteilung, Tomaž Vesel, klären.

Infantino war nur durch die Ethikvergehen seines ehemaligen UEFA-Chefs Michel Platini im Herbst 2015 überhaupt zum Kandidaten für das höchste FIFA-Amt geworden. In einem Turbo-Wahlkampf jettete der damalige UEFA-Generalsekretär um die Welt und setzte sich nach einer leidenschaftlichen Rede beim Kongress am 26. Februar gegen den lange favorisierten Scheich Salman bin Ibrahim al-Chalifa durch.

Infantinos Plus: Er versprach allen FIFA-Mitgliedern eine Erhöhung der Zuwendungen auf fünf Millionen Dollar. Das zog offenbar besonders bei kleineren Verbänden aus Asien. In dieser Ansprache in Zürich offenbarte Infantino seine Funktionärsschule – besser hätten auch Michel Platini und Joseph Blatter ihre Versprechungen nicht vortragen können.

Die Regentschaft ist bislang nicht von positiven Schlagzeilen geprägt. Die Ernennung der Senegalesin Fatma Samoura zur ersten FIFA-Generalsekretärin setzte er dank seines Vorschlagsrechts im Schnellverfahren durch und überrumpelte damit zumindest mehrere Mitglieder des Councils, die im proklamierten neuen FIFA-Zeitalter einen transparenteren Auswahlprozess für den Topjob erwartet hätten.

Chefaufseher Domencio Scala brach mit Infantino und gab seinen Posten auf. Der Auslöser: Infantino setzte durch, dass die Mitglieder der Kontrollinstanzen vorübergehend vom FIFA-Rat und nicht vom Kongress einberufen oder entlassen werden können – inklusive der Mitglieder der Ethikkommission, die nun über seinen Fall zu befinden hatten.

Fotocredits: Ennio Leanza

(dpa)