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Löw bringt Trapp und verspricht mehr Tempo gegen Frankreich

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Köln – Mehr Emotion, mehr Offensive, aber keine Revanche für die immer noch offene EM-Wunde: Im Härtetest gegen Frankreich fordert Joachim Löw zum Abschluss des bislang makellosen Länderspieljahres von seinen WM-Kandidaten noch einmal besonders große Leidenschaft.

«Aufmerksam sein, konzentriert sein, ein hohes Tempo und eine hohe Emotionalität ins Spiel zu bringen, das wird wichtig sein», sagte der Bundestrainer vor dem Klassiker der Fußball-Nationalmannschaft gegen einen weiteren Konkurrenten um die WM-Krone am Dienstag im Kölner Rhein-Energie-Stadion. Beim Abschlusstraining am Montagabend waren alle 23 Spieler dabei.

Frankreich-Kenner Kevin Trapp bekommt von Löw mit seinem zweiten Länderspiel-Einsatz eine WM-Bewährungschance im Tor als Vertreter des weiter verletzten Manuel Neuer. «Er macht einen guten Eindruck. Ich habe ein gutes Gefühl, obwohl er zuletzt wenig gespielt hat», sagte der DFB-Chefcoach über den Ersatzmann von Paris Saint-Germain. Ins Team zurückkehren werden zudem im Mittelfeld Sami Khedira und der von seinem Magen-Darm-Infekt genesene Toni Kroos. Beide waren beim mageren 0:0 gegen England geschont worden.

Trotz der unterschwelligen öffentlichen Kritik am nüchternen Auftritt in Wembley will Löw seinen Experimentierkurs Richtung WM 2018 in Russland kompromisslos fortsetzen – und dabei zur Not auch ein schlechtes Resultat tolerieren. «Ergebnisse sind nicht das Wichtigste. Ich möchte ein bisschen Fehlerkultur zulassen. Fehler passieren, damit man daraus lernen kann», sagte der DFB-Chefcoach, für den nur die WM vom 14. Juni bis 15. Juli die Messlatte ist. Dafür nimmt Löw auch ein geringeres Zuschauerinteresse, wie es sich bei bislang nur 30 000 verkauften Tickets in Köln andeutet, in Kauf.

Die eigene Marschroute soll zumindest anders aussehen als bei der unspektakulären England-Nullnummer. «Wir wollen selbst offensiver spielen und uns besser in Szene setzen», sagte Löw. Aber: «Frankreich besitzt gerade in der Offensive in der Breite eine unglaubliche Qualität», betonte der 57-Jährige. Die Franzosen um PSG-Jungstar Kylian Mbappé oder die Bayern-Profis Kingsley Coman und Corentin Tolisso seien noch gefährlicher als die Engländer und hätten in jeder möglichen Formation Weltklasse zu bieten: «Darauf müssen wir uns einstellen», sagte Löw.

Das bittere 0:2 im EM-Halbfinale vor 16 Monaten in Marseille durch einen Tore-Doppelpack von Antoine Griezmann ist für Löw dabei nicht mehr maßgeblich. «Es ist keine Revanche, die gibt es zu dem Zeitpunkt nicht. Wir haben verloren, das kann man nicht mehr zurückholen», sagte der Bundestrainer am Montag in Köln.

Auch für PSG-Profi Julian Draxler spielt das EM-Aus gegen seine heutigen Kollegen keine entscheidende Rolle. «Man denkt schon ab und zu noch dran. Wir haben uns sehr geärgert, dass wir da ausgeschieden sind. Es wird aber nicht die große Revanchelust freigesetzt. Aber ich denke, generell ist das ein Superspiel», sagte der 24-Jährige.

Geblieben ist bei Löw der große Respekt für die jungen, schnellen Franzosen. «Die Offensive von Frankreich ist immens vielfältig. Frankreich hat genug Möglichkeiten», sagte Löw und warnte: «Ich finde, dass die Mannschaft nochmal einen Schritt nach vorne gemacht hat. Sie ist fußballerisch, spielerisch, taktisch besser geworden.»

Auch Kroos warnte vor dem Top-Rivalen, der die WM-Qualifikation als Gruppensieger vor Schweden und den Niederlanden schaffte und bei der Gruppenauslosung am 1. Dezember in Moskau wie Deutschland im Topf der besten Teams sein wird. «Es bringt nur etwas, wenn wir es so angehen, als würde es um die Wurst gehen, so als ob es ein Pflichtspiel wäre», sagte der Real-Madrid-Star.

Im Vergleich zum EM-Duell vor 16 Monaten – als die seither 20 Mal ungeschlagene DFB-Elf ihre bislang letzte Niederlage kassierte – hätten sich beide Nationen noch einmal weiterentwickelt. Das deutsche Plus für Kroos: Die verbesserte Chancenverwertung. «Wir haben eine Vielzahl von Spielern dabei, die den Abschluss suchen und tief gehen, wie Timo Werner. Das gibt uns neue Möglichkeiten.»

Mit einem Sieg gegen Frankreich würde die DFB-Elf nicht nur erstmals seit 1997 in einem Kalenderjahr ohne Niederlage bleiben. «Dieses Jahr verlief so, wie wir es uns gewünscht und vorgestellt haben», sagte Confed-Cup-Sieger Löw. Auch würde eine Negativmarke getilgt. Der letzte Heimerfolg gegen die Équipe Tricolore datiert aus dem Sommer 1987, als Rudi Völler beim 2:1 in Berlin doppelt traf.

Fotocredits: Christian Charisius,Marius Becker,Marius Becker
(dpa)

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