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Pfiffe für Hamilton, Jubel für Vettel

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London – Für diesen Ausfall erntete Lewis Hamilton Pfiffe und Buhrufe. Ausgerechnet der Brite, der immer wieder mehr Publikumsnähe der F1-Piloten predigt und an diesem Wochenende sein großes Heimspiel hat, fehlte als einziger Fahrer bei der großen PS-Show auf dem Trafalgar Square in London.

Gefeiert wurde dafür vor allem einer: Sebastian Vettel. «Ich weiß nicht, warum er nicht hier ist», antwortete Vettel mit einem verschmitzten Lächeln dem verdutzten Moderator, der die Buhrufe kaum glauben konnte, als er Hamiltons Namen nannte.

Hamilton hatte lieber mit seinen Kumpels Party gemacht. Ein kurzes Video, am Vortag des pompösen Showevents «Formel 1 Live» von Hamilton bei Twitter gepostet, zeugte davon. Der 32-Jährige tat sich mit seinem Fernbleiben keinen Gefallen, die Bilder wirkten ein wenig skurril. Während alle anderen mit ihren jeweiligen Teamkollegen auf dem Podium standen, kam Hamiltons Stallrivale allein. Immerhin hatte Österreich-Sieger Valtteri Bottas noch eine Magnum-Flasche Schampus zum Bespritzen der Rivalen und Zuschauer in den ersten Reihen dabei.

Besonders nah ging ihm die Kritik am Tag danach nicht. «Ich habe versucht, mich so gut wie möglich vorzubereiten. Ich habe mich die vergangenen Tage ein bisschen entspannt», sagte er. Selbst das Handy habe er die meiste Zeit ausgeschaltet.

Auf Mykonos soll er gewesen sein. Fotos zeigen ihn am Strand. Auf die Frage, ob die Hin- und Herfliegerei die bessere Vorbereitung gewesen sei, konterte Hamilton: «Ich fliege sonst viel längere Strecken vor einem Rennen.» Zudem wohne er ja nicht in London, sondern in Monaco.

«Lewis meinte, dass er in so einem harten Titelkampf um die WM ist, dass er einen freien Tag brauchte nach Österreich», hatte es Mercedes-Teamchef Toto Wolff mit einer Entschuldigung seines Starpiloten. Noch in der zuvor veröffentlichten Team-Vorschau auf das zehnte von 20 Saisonrennen hatte Wolff seinen Schützling in höchsten Tönen gelobt: «Das gesamte Wochenende ist ein Festival zu Ehren des Motorsports in Großbritannien sowie natürlich jenes Fahrers, der in meinen Augen das größte F1-Talent in der Geschichte des Landes ist: Lewis.» Hamilton pflege eine ganz besondere Beziehung zu den Fans in Silverstone. In London pflegte er sie nicht.

Wie begeistert die Chefs von Hamilton, vor allem aber die neuen Chefs der Formel 1 von dessen Nichterscheinen waren, kann man nur vermuten: Hamilton ist der Lokalmatador beim Großen Preis on Großbritannien am Sonntag (14.00 Uhr MESZ) in Silverstone, der mit vier Siegen – davon zuletzt drei in Serie – erfolgreichste Fahrer auf seinem Heimkurs. Hamilton wuchs nicht mal 50 Kilometer von London und etwa 80 von Silverstone in Stevenage auf, und Hamilton ist der schillernde Star der Formel 1.

Noch drei Rennen, dann ist Hamilton auch im Club der 200er – nach der Sommerpause wird er voraussichtlich in Spa-Francorchamps seinen 200. Grand Prix bestreiten. Von den bisher 197 begann er mehr als ein Drittel von der Pole Position (66), mehr als ein Viertel beendete Hamilton als Sieger (56). 2008 in seinem zweiten Jahr wurde Hamilton erstmals Weltmeister, damals im McLaren. Einem Team, das den oft extrovertiert wirkenden Briten einengte.

Erst seit seinem Wechsel zu Mercedes nach der Saison 2012 als Nachfolger von Rekordweltmeister Michael Schumacher blüht Hamilton auf, lebt sein Leben, macht sein Ding. Seine Hunde Roscoe und Coco besitzen sogar eigene Pässe fürs Fahrerlager.

Jetzt muss Hamilton aber aufpassen. Sportlich droht ihm Vettel im Ferrari zu enteilen. 20 Punkte sind es, nicht viel. Aber Vettel ist im WM-Titelmodus. Vier WM-Pokale hat er schon, alle im Red Bull. Der erste im Ferrari soll dazu kommen. Welche Strahlkraft die Marke hat und wie viele Sympathien er selbst im Hamilton-Reich genießt, wurde auf dem Trafalgar Square deutlich. «Ich bin überrascht, Sebastian hat viele Fans hier», sagte Hamiltons ehemaliger Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg. Der Weltmeister im Formel-1-Ruhestand hatte sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen, sich auch von den Fans bejubeln zu lassen. Hamiltons Fehlen fiel da umso mehr auf.

Fotocredits: Frank Augstein
(dpa)

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