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Refombedarf: Was sich im Profifußball ändern muss

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Hamburg – Die Fußball-Bundesliga darf wieder loslegen – trotz Corona. Doch eine Rückkehr zum Alltag wie vor der zweimonatigen Zwangspause gibt es nicht. Und das nicht nur wegen der besonderen Umstände, unter denen die Geisterspiele vom 16. Mai an stattfinden.

In der Diskussion um die Wiederaufnahme des Spielbetriebs wurde deutlich: Die Akzeptanz des Profifußballs in der Gesellschaft ist bei weitem nicht so groß, wie manch Entscheider in seiner Blase womöglich dachte. So sprachen sich zuletzt 46 Prozent in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur gegen Geisterspiele aus. Nur 34 waren dafür.

Protz-Bilder junger Profis in sozialen Netzwerken vor der Krise, Multi-Millionen-Gehälter, aberwitzige Ablösesummen, üppige Berater-Honorare und überhebliche Funktionäre haben den Ruf einer abgehobenen Milliarden-Branche gefestigt. Von organisierten Fans, aus dem Fußball selbst, aber auch aus der Politik und anderen gesellschaftlichen Bereichen sind zuletzt Forderungen nach einem grundsätzlichen Umdenken immer lauter geworden.

DFL-Geschäftsführer Christian Seifert hat die Stimmen vernommen. Der Chef der Deutschen Fußball Liga hat angekündigt, im Herbst eine Taskforce «Zukunft Profifußball» einzurichten. Was der Fußball in den vergangenen Jahren «falsch gemacht» habe, fragte Seifert zuletzt öffentlich.

Was und wie muss sich der Profifußball nicht nur in Deutschland ändern? Ein Ideensammlung ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

WIRTSCHAFTLICHKEIT: Die Bundesliga jagt einen Umsatzrekord nach dem anderen. So nahm sie in der Saison 2018/19 4,02 Milliarden Euro ein. Und dennoch gerieten wegen der Corona-Krise etliche Vereine wie Schalke 04 in Existenznot. Der «Kicker» schreckte mit der Meldung auf, dass 13 von 36 Proficlubs die Pleite drohe.

Vor allem die Abhängigkeit von den TV-Geldern, die mehr als ein Drittel der Einnahmen ausmachen, ist eklatant. Etliche Clubs verpfänden noch nicht eingegangene Fernsehprämien vorab an Banken, um liquide zu bleiben. Diese Praxis will die DFL nach Informationen des Magazins «Der Spiegel» künftig verhindern.

Experten fordern zudem eine höhere Eigenkapitalquote. «Es kommt auf den Liquiditätspuffer an – und auf die Höhe des Eigenkapitals. Clubs, die vorgesorgt haben und über ausreichende Mittel verfügen, kommen am besten durch die Krise», sagte der Sportökonom Christoph Breuer der Zeitung «Die Welt».

Im April erkannte auch Seifert in einem Interview der Wochenzeitung «Die Zeit»: «Sie meinen, dass das Thema wirtschaftliche Stabilität – mit Rücklagen und einem funktionierenden Geschäftsmodell – doch wichtiger ist, als einige bisher gedacht haben? Wenn das von dieser Krise als Lehre für den Profifußball bliebe, dann wäre eine Menge erreicht.»

Eine Möglichkeit wäre, beim Lizenzverfahren mehr darauf zu achten, wie Clubs langfristig wirtschaftlich aufgestellt sind und nicht nur mit Blick auf die nächste Saison. Auch die Abschaffung der 50+1-Regel und damit die größere Öffnung für Investoren wie in England, Italien oder Frankreich könnte wieder verstärkt in den Fokus rücken. Ralf Rangnick regte jüngst eine Diskussion darüber an, viele Fans lehnen dieses Modell strikt ab.

GEHÄLTER: Der Verdienst vieler Spieler ist ein Grund, weshalb viele Clubs auch ohne Corona-Krise in wirtschaftliche Schieflage geraten. Laut DFL-Wirtschaftsreport zahlten die 18 Erstliga-Clubs mehr als 1,4 Milliarden Euro an Gehältern für Trainer und Spieler pro Saison. Dieser Posten ist der weitaus größte bei den Ausgaben.

Seifert würde liebend gern Gehälter von Beratern und Spielern deckeln, wie er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sagte. Der diskutierte Salary Cap – eine Gehaltsobergrenze – wird sich rechtlich in Deutschland und Europa aber nicht durchsetzen lassen.

Auch ein Alleingang der DFL ist kaum vorstellbar, denn dadurch würde die Bundesliga für Top-Stars angesichts der Möglichkeiten in der Premier League oder der spanischen Primera Division unattraktiv werden. Eine europäische Lösung müsste auf Freiwilligkeit basieren. Doch Regelungen lassen sich durch versteckte Zahlungen schnell umgehen.

TRANSFERSUMMEN: Ablösezahlungen von über 100 Millionen Euro für einen Spieler sind kaum fassbar. Auch Seifert sieht das so. Eine Deckelung der Summen erscheint wie bei der Gehaltsobergrenze aber schwierig. Es ist die kapitalistische Glaubensformel von Angebot und Nachfrage. Gewinner sind meist die Spieler und ihre Berater. Und die Vereine spekulieren mit dem Wertzuwachs von Talenten. Da wird die DFL kaum Stellschrauben haben.

SPIELER: Ein vergoldetes Steak, junge Profis in Luxusautos, Urlaubsfotos mit Model-Freundinnen, Protzereien auf allen Social-Media-Kanälen – viele Spieler haben zu den Vorbehalten gegen den Profifußball beigetragen. Seifert kritisierte in der «FAZ» einen «schamlos zur Schau gestellten Reichtum». Vereins-Verantwortliche und Berater sollten die Spieler schulen und dafür sensibilisieren, wie sie sich nach außen darstellen. Die ehrliche Nähe zu den Fans und die Identifikation mit dem Verein, der Region und den Menschen dort muss verstärkt im Vordergrund stehen.

WETTBEWERBE: Der weltweite Fußball-Kalender wird immer voller. Der langjährige Bundesliga-Manager und ehemalige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig nannte die Club-WM einen «massiven Angriff auf die Solidargemeinschaft» und einen «Jux-Wettbewerb». Neue Turniere und Wettbewerbe werden kritisch gesehen. Die nationalen Ligen, Champions League, Europa League, WM und EM – das reicht vielen Fans.

FERNSEHEN: Die TV-Landschaft ist für den Fußball-Fan zunehmend unübersichtlicher geworden. Live-Erlebnisse im Free-TV gibt es nur noch selten. Wer Fußball im Fernsehen verfolgen will, muss beim Pay-TV-Sender Sky oder beim Streamingdienst DAZN zahlen. Und es kommen weitere Mitspieler auf den Markt wie Amazon oder die Telekom. Bei allem berechtigten Streben, möglichst viel aus der Rechtevergabe herauszuholen, sollten die Fußball-Entscheider darauf achten, ihr gesamtes Produkt nicht hinter Paywalls – Bezahlschranken – verschwinden zu lassen. Dies könnte die Entfremdung von den Fans nur forcieren.

Fotocredits: Rolf Vennenbernd
(dpa)

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