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Roter Zoff am Schwarzen Meer: Bitteres Aus für Vettel

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Sotschi – Trotz der Teamorder-Farce von Sotschi und dem brutalen Aus wegen eines Defekts an seinem Ferrari ließ sich Sebastian Vettel zu keiner unbedachten Äußerung hinreißen.

Tief atmete der viermalige Formel-1-Weltmeister durch, dann stellte er klar: «Ich habe meinen Teil der Absprachen eigentlich eingehalten.» Den Rest wollte der viermalige Formel-1-Weltmeister beim roten Zoff am Schwarzen Meer am Sonntag intern und auch mit Teamkollege Charles Leclerc klären. Der Monegasse hatte sich nach Vettels grandiosem Start beklagt und seine Führungsposition zurückverlangt. Sein deutscher Rivale aber hatte sich eine Woche nach seinem ersten Saisonsieg in Singapur geweigert.

Vor den Fernsehkameras wirkte Vettel zwar gefasst, aber nach der nächsten persönlichen Niederlage mit dem Aus in der 28. Runde ebenso schmallippig. Profiteur an einem desaströsen Tag für die Scuderia war in Russland wieder einmal Lewis Hamilton. Der Titelverteidiger fuhr im Mercedes seinen ersten Erfolg nach der Sommerpause ein und ist seinem sechsten WM-Triumph wieder ein gutes Stück näher.

Mit dem zweiten Platz sorgte Valtteri Bottas für die optimale Ausbeute für den deutschen Werksrennstall, Leclerc wurde im zweiten Ferrari von der Pole Position nur Dritter. «Wir hatten die Chance, dass es besser wird», sagte Leclerc und ergänzte zum Verhältnis mit Vettel: «Das Vertrauen zwischen uns ist weiter da, das brauchen wir auch.»

Zu Beginn sah es zunächst nach dem zweiten Vettel-Sieg nacheinander aus. Beim Start zog er an Hamilton vorbei, dann attackierte der Hesse aus dem Windschatten auch Leclerc. Mit Erfolg. Innen zog er vorbei und lag in Führung. Prompt entwickelte sich eine Funk-Farce. Zunächst wurde Vettel angewiesen, Leclerc wieder überholen zu lassen. «Ich habe das zu dem Zeitpunkt nicht verstanden», sagte Vettel. Leclerc klärte auf: «Die Taktik war, ihm Windschatten zu geben.» Doch dann wollte der Deutsche die Positionen nicht mehr tauschen. Die Risse im Team wurden mehr als deutlich.

«Wenn man sich die Videos anschaut, wird sich das alles klären können», sagte Teamchef Mattia Binotto und war um Deeskalation bemüht. Doch noch im Auto beschwerte sich Leclerc bei seinen Chefs. Eine Woche nachdem ein Boxenstopp Vettel im Teamduell in Singapur begünstigt und ihm den Weg zum ersten Triumph nach über einem Jahr geebnet hatte, fühlte sich Leclerc abermals benachteiligt. Und er teilte das auch mit. Im Ziel kündigte der Wunderknabe dann in Richtung Vettel an: «Wir werden jetzt miteinander sprechen.»

Im Rennverlauf hielt Vettel Leclerc auf Abstand. Dahinter staunte Hamilton über den Speed der Ferraris, der fünfmalige Champion kam nicht ran. Allerdings konnte er mit den etwas härteren Reifen länger auf der Strecke bleiben. Als erster der Topfahrer in die Box kam Leclerc. Vor einer Woche war es Vettel gewesen. Jetzt musste er richtig Gas geben. Die ersten Überrundungen waren allerdings nicht förderlich, den Vorsprung auf Leclerc so groß zu halten, dass er beim Vettel-Stopp immer noch hinter ihm bleiben würde.

Die Reifen ließen nach, Vettel informierte sein Team, das ihn aber nicht reinholte – bis das Polster absehbar nicht mehr ausreichen würde. Und so passierte, was passieren musste: Vettel kam nach seinem Reifenwechsel als Zweiter hinter Leclerc zurück. Doch damit nicht genug. Der Ferrari war am Ende. Ein Defekt. Vettel musste sein Auto abstellen. «Bringt diese verdammten V12 zurück», fauchte er. Die früheren Motoren kamen ohne Hybridsystem aus, dass Vettel stoppte.

Vettel befestigte nun in aller Ruhe das Lenkrad, hüpfte fast schon zynisch von seinem Wagen und übergab den defekten Ferrari den Streckenposten. «Nach dem Stopp, der vielleicht in ein bisschen spät kam, hatte ich keine Leistung von der Batterie mehr. Es fehlten 160 PS», sagte Vettel. Er habe auf Anweisung des Teams angehalten.

Was so gut begann, wurde für Ferrari zum kompletten Desaster. Denn Hamilton nutzte die Safety-Car-Phase durch das Vettel-Aus zum Reifenwechsel und schob sich so an Leclerc vorbei. Und auch Bottas schlüpfte durch, weil Leclerc noch mal auf die schnelleren Reifen ging. Danach demonstrierte Mercedes, wie erfolgreiche Teamarbeit aussieht: Bottas diente als Puffer, hielt Leclerc Runde um Runde auf, während Hamilton an der Spitze seinem 82. Karrieresieg entgegenfuhr: «Ein unglaublicher Job von allen, wir haben nie aufgegeben.»

Im WM-Klassement kann die WM für Vettel schon beim nächsten Rennen in zwei Wochen in Japan auch rechnerisch gelaufen sein. Er hat auf Rang fünf satte 128 Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Hamilton (322), Bottas ist Zweiter (249), Leclerc Dritter (215).

Fotocredits: Angela Baldo,Luca Bruno,Luca Bruno,Luca Bruno
(dpa)

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