Olympia

Ruderer im Soll: «Die Breite in der Spitze ist brutal»

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Rio de Janeiro – Die Jungs aus dem Deutschland-Achter wollten feiern. Von einer verlorenen Goldmedaille gegen Großbritannien war im Deutschen Haus in Rio de Janeiro keine Rede. «Wir haben Silber gewonnen», sagte Schlagmann Hannes Ocik in der Nacht zum Sonntag.

Die Disziplin der vergangenen Jahre hatte er zu diesem Zeitpunkt längst über Bord geworfen. Mit Bier, Caipirinha und gutem Essen zelebrierte die Besatzung des Paradebootes Rang zwei bis in die frühen Morgenstunden – auch getanzt wurde ausgiebig.

Auf den ersten Blick hatte der Deutsche Ruderverband nach dem letzten Rennen auch allen Grund zu guter Laune. «Es zählen letztendlich die Medaillen. Deswegen sind wir hier. Wir sind auf Platz zwei hinter Großbritannien, das hatten wir seit vielen Jahren nicht. Wir sind zufrieden», bilanzierte Cheftrainer Marcus Schwarzrock die Ausbeute von insgesamt zweimal Gold durch die beiden Doppelvierer und Silber mit dem Achter. Die Zielvorgabe hat der Verband erfüllt. Aber Schwarzrock weiß auch: «Wir müssen unsere Hausaufgaben machen, klar.»

Denn die Ruderer waren in der Breite längst nicht mehr so gut aufgestellt wie noch in London. Statt in allen 14 olympischen Bootsklassen vertreten zu sein, durfte der DRV in Brasilien nur zehn verschiedene Crews an den Start schicken. Und davon wiederum schafften es nur die drei Medaillengewinner ins Finale. Vier Jahre zuvor waren es acht Boote in den entscheidenden Rennen gewesen.

«Zehn Nationen teilen sich die Goldmedaillen, 20 Nationen teilen sich alle Medaillen», erklärte Schwarzrock. «Man sieht eben, dass da international ’ne Menge los ist. Die Breite in der Spitze ist brutal.»

Achter-Coach Ralf Holtmeyer sah dennoch Grund zur Kritik an seinem Verband. «Wenn 50 Prozent von den Jungs nicht weiter machen, dann wird es da hinten schon ganz schön dünn. Obwohl wir Junioren-Weltmeister in Serie produzieren. Nur von denen sieht man nachher nichts mehr», sagte er und verwies auf die Olympiasieger im Achter und Vierer. «Die Kaderbreite bei den Briten ist erheblich größer, die können hin- und herschieben.»

Der Umbruch im Achter steht sogar unmittelbar bevor. Für Maximilian Munski, Andreas Kuffner und Maximilian Reinelt war Rio die letzte Gelegenheit zu einer Olympiamedaillen-Party, sie werden ihre Ruderlaufbahn nicht noch vier weitere Jahre fortsetzen. Steuermann Martin Sauer wollte im Urlaub über seine Zukunft nachdenken, Felix Drahotta beginnt einen neuen Job und weiß noch nicht, wie viel Training zukünftig möglich sein wird.

Im Vergleich zu den Dauerrivalen aus Großbritannien sind diese Wechsel ein Problem. «Wir haben nicht die Möglichkeit, die Leute langfristig zu halten und langfristig einen guten Achter aufzubauen. Du musst immer wieder neu ausbilden», sagte Sauer.

Fotocredits: Soeren Stache
(dpa)

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