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Speerwurf-Gold für Vetter – Röhler verpasst Medaille

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London – Speerwerfer Johannes Vetter hat das erste Gold für das deutsche Team bei den Leichtathletik-WM in London gewonnen und noch vor dem letzten Durchgang Freudentränen vergossen. Vor 56 000 Zuschauern verpasste Olympiasieger Thomas Röhler am vorletzten WM-Tag hingegen eine Medaille.

Der 24 Jahre alte Offenburger Vetter kam am Samstagabend auf 89,89 Meter, Röhler (Jena) als Vierter auf 88,26 Meter. Zweiter wurde der Tscheche Jakub Vadlejch mit 89,73 vor seinem Landsmann Petr Frydrych 88,32 Metern.

Der Mannheimer Andreas Hofmann belegte mit 83,98 Metern den achten Platz. Einzige deutsche Speerwurf-Weltmeister waren bislang Linkshänder Matthias de Zordo aus Saarbrücken 2011 und der Berliner Detlef Michel 1983. Das Trio Vetter/Röhler/Hofmann war als Nummer 1,2 und 3 der Weltbestenliste in London angereist. Vetter hatte am 11. Juli in Luzern den deutschen Rekord auf 94,77 Meter geschraubt, zudem in der WM-Ausscheidung am Donnerstag mit 91,20 geglänzt.

Vetter übernahm gleich im ersten Versuch mit 89,89 Metern die Führung. So richtig kam das deutsche Trio vor den Augen von Weltrekordler Jan Zelezny (Tschechien) aber nicht in Schwung. Zudem warf Mitfavorit Vadlejch im zweiten Durchgang mit 89,73 Metern so weit wie nie zuvor. Im letzten Durchgang schob sich dessen tschechischer Landsmann Frydrych an Röhler vorbei auf Rang drei.

Vetter fiel danach erst einmal seinem Trainer Boris Obergföll in die Arme. «Jojo» gilt als das Kraftpaket unter den deutschen Speer-Assen. Nach seinem Abwurf legt der Schützling von Obergföll, der unter seinem alten Namen Henry 1995 und 2003 WM-Bronze gewonnen hatte, meist eine Bauchlandung hin. Im Vergleich zum Techniker Röhler sei er «mehr der Hau-Drauf-Typ», erklärte Vetter mal. «Ich werfe viel mit der Kraft.» Und mit Emotionen. Der Olympia-Vierte hat sich sogar einen Speerwerfer auf das linke Schulterblatt tätowieren lassen.

Vor drei Jahren zog der gebürtige Dresdner extra in die Ortenau, um bei Obergföll, dem Ehemann der früheren Weltmeisterin Christina Obergföll, trainieren zu können. Seitdem hat sich Vetter fast um 15 Meter verbessert: «Meine Technik hat sich beinahe um 180 Grad gedreht.»

Röhler gilt mehr als der große Tüftler – und hat es damit 44 Jahre nach dem Triumph von Klaus Wolfermann 1972 in München zum Olympiasieg gebracht. In Rio warf der Thüringer 90,30 Meter, im Mai dieses Jahres startete Röhler in Doha (Katar) mit dem deutschen Rekord von 93,90, der später von Vetter überboten wurde, furios in die Saison.

Weiter als Röhler und Vetter hat in der Leichtathletik-Geschichte nur der dreimalige Olympiasieger und Weltmeister Jan Zelezny gebracht: Der Tscheche warf seinen noch heute gültigen Weltrekord von 98,48 Meter am 25. Mai 1996 – in Röhlers Heimatstadt Jena.

Der Olympiasieger hat vor der WM sogar eine Drohne eingesetzt, die vom Himmel herab Fotos von der Flugbahn des Speers und der Körperhaltung beim Wurf macht. «Erst war es ein Männerspielzeug, das her musste», berichtete der 25-Jährige. «Beim ersten Bild mit der Draufsicht einer Drohne war ich beeindruckt, was man da mehr sieht und nie gesehen hat.» In London aber verzweifelte Röhler an sich selbst.

Trotz der Konkurrenz haben Röhler, Vetter und Hofmann einen guten Umgang untereinander gefunden. Das gemeinsame Kaffeetrinken vor einem Wettkampf gehört dazu. «Der Gemeinschaftsgedanke treibt einen auch nach vorne», erklärte Hofmann, der als WM-Sechster von 2015 und nun Achter klar im Schatten von Röhler und Vetter steht.

Fotocredits: Bernd Thissen,Tim Ireland
(dpa)

(dpa)

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